Stadt der Investoren

Inge Beckel
26. Oktober 2015
Geschlossene Stadt (-teile). Bild: urbanophil.net.

Sicherlich gibt es in jenen Städten auch offene Plätze oder gemeinschaftliche Räume, wo man sich treffen kann. Doch man trifft in derlei «gated communities» oder «gated cities» tendenziell nur Seinesgleichen. Denn Andere – jene, die keine Zulassung haben, die nicht Mitglied dieses «Clubs» sind – kommen schlicht nicht rein.
 
So berichtete Adrian Lobe in der NZZ vom 15. Oktober von einem amerikanischen Ökonomen names Paul Romer, der in der so genannt Dritten Welt ganze Städte neu gründen wolle. Er nenne sie «charter cities». «Ein Entwicklungsland stellt eine nicht besiedelte Fläche zur Verfügung und schliesst mit einem Investor bzw. einer Industrienation einen Gründungsvertrag ab, eine Charta, in der das gesamte Rechtssystem der Stadt festgelegt ist», so Lobe. Vor vier Jahren sei Romer mit der Regierung von Honduras in Verhandlung gewesen. Der Kongress hätte daraufhin ein Dekret erlassen, das derlei Städten vollständige Autonomie, ja fast Souveränität hätte gewähren sollen.
 
Nur war das Land, das fürs Projekt ins Auge gefasst worden war, nicht unbesiedelt. Entsprechend protestierten die Garifuna, die umgesiedelt hätten werden müssen. Schliesslich erklärte das Verfassungsgericht von Honduras die geplante «charter city» für verfassungswidrig. Sie unterminiere die nationale Souveränität. Unter der heutigen konservativen Regierung sei jedoch eine abgespeckte Version in Planung. Südkorea wolle sich mit einem Beitrag von 40 Mia. Dollar daran beteiligen.
 
Warum aber ziehen Leute in derlei geschlossene Städte? Der Gewinn heisst für sie Sicherheit. Geschlossene Städte sind zudem luxuriöse Städte. Der Zaun oder die Mauer – denn es sind ja «gated communities» – hält weniger Vermögende und allfällige Neider draussen. Doch vor allem ist es gemäss Lobe die Aussicht auf einen Job: «Job gegen Stimmzettel – das ist der Deal.» Schliesslich wird dort alles dem Ziel der Investoren untergeordnet.
 
Zum NZZ-Beitrag "Die Stadt als Festung" gehts hier.

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