UBS wird offener

Manuel Pestalozzi
5. Oktober 2015
Zwei Höfe, ein Forum, ein Herz und in der Ecke ein Café. Bankhauptsitz als Städtebau en miniature. Bilder: Manuel Pestalozzi

Die Bahnhofstrasse in Zürich ist auch eine Bankenstrasse. Verschiedene grössere und kleinere Finanzinstitute haben hier ihren Hauptsitz, an dem sie dem Publikum zeigen, wie sie mit der Zeit gehen. Bei der UBS hat man diesbezüglich einen akuten Nachholbedarf festgestellt. Es ist vermutlich nur wenigen bekannt, dass ihr Weltimperium nicht am nahen Paradeplatz sondern sondern rund 250 Meter weiter nördlich, an der Bahnhofstrasse 45, verwurzelt ist. Dies möchte man dem Publikum mit dem Umbau wieder stärker in Erinnerung rufen und hier exemplarisch das aktuelle «Branch Format» vorführen und leben. Die UBS wird sich an diesem Ort ausdrücklich als Zürcher und Schweizer Bank zu erkennen geben, am Paradeplatz bedient sie schwerpunktmässig die internationale Kundschaft.
 
Der Eingriff geht tief unter die zu beträchtlichen Teilen geschützte, «steinerne» Oberfläche des Finanzinstitutes. Man will ein innerstädtisches Konglomerat, bestehend aus mehreren Volumen verschiedener Epochen, stärker einen, es entstauben und den Eindruck eines modernen, mit der Zeit gehenden Betriebs vermitteln. Mit der Planung ist das Architekturbüro EM2N aus Zürich betraut, dessen Entwurf siegreich aus einem Studienauftrag hervorgegangen ist. Auf ein Hauptanliegen, die stärkere Anbindung an den Aussenraum auf Erdgeschossniveau, reagierte das Entwurfsteam mit dem Konzept «Höfe-Herz-Ring»: Hinter dem dorischen Portikus an der Bahnhofstrasse gelangt man wie bisher direkt in den so genannten Münzhof, die traditionelle Schalterhalle. Neu wird ein Querbezug zum Pelikanhof im nördlich angrenzenden Gebäude hergestellt. Dieser ist zum Himmel offen und wird begrünt. Zwischen den Höfen wird das UBS Forum eingerichtet, eine Veranstaltungszone, die von zwei Seiten mit Tageslicht versorgt wird. Das Herz befindet sich zwischen diesem Forum und der Eingangsfront an der Bahnhofstrasse. Es stellt einen angemessenen Empfang und die vertikale Erschliessung sicher. Ein Glaslift erlaubt auch hier, dass natürliches Licht über das transparente Dach bis ins Erdgeschoss dringen kann.

In der Ecke Bahnhofstrasse/Münzhofpassage wird ein Café eingerichtet.

Der Ring schliesslich enthält die öffentlichen Nutzungen, die im Erdgeschoss neu einziehen oder verbleiben. Er bietet Ladengeschäfte und als Novum in der Ecke des ursprünglichen Bankgebäudes ein Café. Die Nutzungen im Ring haben keinen direkten Bezug zur UBS und sind alle vom öffentlichen Raum her erschlossen. Im Rahmen des Studienauftrags gab es auch Projekte, welche das Innere des Komplexes analog zum historischen Hauptsitz der Credit Suisse am Paradeplatz frei zugänglich machen wollten. Die Verantwortlichen der Bank zogen aber die Trennung zwischen dem Betrieb des Hausherrn und den Nebennutzungen vor.
 
Auch in energetischer Hinsicht wird der Komplex umfassend erneuert, die UBS strebt für ihren Hauptsitz den Standard LEED Platinum an. Das Ziel soll unter anderem über eine optimierte (Innen-)Dämmung und diversen Massnahmen zur Einsparung von Strom und Trinkwasser erreicht werden. Ein wichtiges Element ist auch in diesem  Zusammenhang die schon angedeutete bessere Nutzung des natürlichen Lichts. Aber die Hauptsache ist zweifellos der unmittelbare Eindruck, den man an der Bahnhofstrasse vermitteln möchte. Die UBS will den öffentlichen Raum aufwerten und einen Beitrag leisten, dass dieser stärker belebt wird. Das Konzept der Restrukturierung des Inneren mit den eher kleinteiligen Mietflächen in der Peripherie ist stimmig, man hofft, dass sich für den «Ring» die passenden Mieter finden lassen.

Wieviel «Offenheit» lässt die Kruste zu? Bei allen Bekenntnissen zur Transparenz wird die Bank eine Bank bleiben.

Am Medienanlass anlässlich des Umbaubeginns wurde wiederholt von mehr Offenheit und mehr Transparenz gesprochen, welche die Erneuerung bildlich und repräsentativ verkünden soll. Dies brachte klar zum Ausdruck, in welchem Spannungsfeld sich die Bankenwelt heute befindet. Ihre Kundinnen und Kunden wünschen sich eigentlich eher Diskretion, sie wollen ihre Vermögen vielleicht nicht unbedingt einer Institution anvertrauen, die sich rühmt, sich jederzeit bis in die innersten Fasern durchleuchten zu lassen. Die Architektur kann sich diesem Spannungsfeld nicht entziehen. Sie muss zwischen dem hellen Durchblick und den vielleicht etwas schummrigeren, ruhigen Nischen, zwischen der Offenheit und dem Bedürfnis nach Sicherheit die passende Balance finden. An der Bahnhofstrasse, bisher ein städtebaulicher Dauererfolg und in ihrer Gestalt unumstritten, bietet der Bestand eine taugliche Basis für eine aktualisierte Interpretation des Bankwesens. Man darf gespannt sein, wie sich der UBS-Hauptsitz bei der auf die zweite Hälfte des Jahres 2018 geplanten Wiedereröffnung präsentiert.

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