Wie Nobel? Die Meinung des Königs

Manuel Pestalozzi
20. Juni 2016
Nobelhuset, überarbeitete Version. Bild: David Chipperfield Architects

Wenn sich Blaublütige zu Architektur und Städtebau äussern, tun sie es selten mit grosser Fachkompetenz und guten Argumenten. Prinz Charles ist dafür der prominenteste Beweis; seine Kritik bleibt in den Ansätzen stecken, das Siedlungsprojekt Poundbury, ein «Idealstädtchen» nach seinen Vorstellungen, bietet keine Vision für anstehende räumliche Bedürfnisse. Dennoch sollte man die Meldungen von Adligen und gekrönten Häuptern nicht unterschätzen, denn oft reflektieren sie eine Befindlichkeit, die von respektablen Teilen ihrer Untertanten geteilt werden.
 
Diese Annahme dürfte auch beim Nobelhuset auf der Halbinsel Blasieholmen in Stockholm zutreffen. «Es muss nicht so gigantisch sein, ein so riesiges Volumen», kommentierte König Carl XVI Gustav kürzlich gegenüber der Zeitung «Dagens Nyheter» das Projekt der David Chipperfield Architects. «The Guardian» aus Grossbritannien erzählte es er englischsprachigen Welt weiter. «Nobel ist ein Name, den wir natürlich schützen möchten. Wir wollen ihn erhalten und seine Bedeutung steigern. Die Absicht ist ja lobenswert, doch die Tatsache, dass das Gebäude so gross geworden ist und ein bisschen am falschen Ort gelandet ist, ist bedauerlich», wird das gekrönte Haupt zitiert.
 
Nun ist dieses Projekt zutiefst bürgerlich; es ehrt das Vermächtnis des Dynamit-Erfinders. Als Grossindustrieller hat Alfred Nobel die wohl bekannteste Auszeichnung für «bürgerliche Leistungen» rund um den Globus und mit meist globalen Auswirkungen gestiftet. Finanziert wird das Nobelhuset zu wesentlichen Teilen von der Wallenberg-Dynastie (AB SKF, ABB, Astra Zeneca, Atlas Copco, Contex, Electrolux, Ericsson etc.) und der Familie Persson (H&M-Modekette). Im Mai hat Stockholms Stadtparlament grünes Licht gegeben. Mit anderen Worten: Der Monarch hat hier nicht viel zu sagen.
 
Die Bedenken, die König Carl XVI Gustav äussert, sind vor allem heimatschützerischer Natur, er ist mit seinen Bedenken nicht alleine. Der Monarch wird im Chipperfield-Neubau dann die Preise übergeben. Man sollte ihn deshalb vielleicht besser bei Laune halten. Immerhin hat David Chipperfield das Projekt Ende 2015 redimensioniert, seine Fassade wurde aus der historischen Uferfront zurückversetzt. Doch auch die Königin – das Nobelhuset wird die Aussicht aus dem Palast verändern – stimmt in den Protest ein. Gegenüber Dagens Nyheter brachte sie ein Referendum ins Spiel. So darf man gespannt sein, ob die bewahrenden Kräfte noch auf das Projekt Einfluss nehmen können. Geplanter Baubeginn ist 2017. Zwei Jahre später soll es seiner Nutzung übergeben werden.

Die ursprüngliche Version sah ein grösseres Volumen vor, dass sich in die Uferfront eingliederte. Bild: David Chipperfield Architects

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