Unalltägliches in der Europaallee

Jenny Keller
16. März 2017
Kosmos-Initianten Samir Jamal Aldin und Bruno Deckert. Bild: © Vera Hartmann

Bei der Baustellenführung durch das neue Kulturhaus Kosmos wurde vom Geschäftsführer und dritten Partner des Kosmos, Martin Roth, als erstes betont, es handle sich hier nicht nur um «das Kino von Samir», vielmehr sei das Kosmos ein spannender urbaner Ort, an dem man sich auf 5000 Quadratmetern austauschen, sich treffen und streiten kann, und wo (bis in den Kosmos) herausgeschaut werde. Natürlich mit einem Kino, genauer mit sechs Sälen, einer Buchhandlung, einem Bistro und einer Lounge mit Cinemascope-Blick auf das Gleisfeld. Die sechs unterschiedlich grossen Kinosäle im Untergeschoss reihen sich an einen 80 Meter langen Erschliessungsgang, der durch drei Oblichter erhellt wird. Der grösste Saal ist grösser als das Arthouse-Kino «Le Paris» und wird Premièren-Saal genannt. Inhaltlich will man ein Programm  zeigen, das von der Kinoleitung Marisa Supiger «grater Arthouse» genannt wird.
 

Erdgeschoss des Kosmos. Plan: Burkhard & Lüthi

Mitinitiant und Filmemacher Samir bezeichnet das Kosmos auch selbstkritisch als «den letzten Sargnagel der Gentrifizierung im Chreis Cheib», und will sich Vorwürfen und Debatten darüber schon bald nach der Eröffnung im September  in öffentlichen Diskussionen stellen. Schliesslich sei die Kreativwirtschaft mitverantwortlich für die Transformation des Arbeiter- und Rotlichtquartiers zur Bohème- und dann Konsum-Meile. Doch mit Kosmos wollen die Macher dieser Entwicklung Inhalte entgegensetzen, die nach aussen strahlen sollen. Kosmos sei ein wichtiger städtebaulicher Baustein, der die Europaallee dereinst mit der Badenerstrasse verbinde und Aussersihl kulturell und räumlich an die City anbinde. Die Idee zu Kosmos wurde 2010 von Bruno Deckert, Gründer der Buchhandlung Sphères und von Samir an die SBB Immobilien herangetragen. Die SBB übernimmt die Vorfinanzierung von rund 55 Prozent (8 Millionen Franken) des Ausbaus, welche über die Dauer des Mietvertrags von 20 Jahren inklusive Zinsen zurückbezahlt wird. Die verbleibenden Kosten werden durch Eigenkapital (Aktien), langfristige Darlehen von Privatpersonen sowie durch Bankkredite gedeckt. 

Obergeschoss. Plan: Burkhard und Lüthi
Untergeschoss. Plan Burkhard und Lüthi

Der Grundausbau wurde im Oktober 2016 von der SBB übernommen, die Architektur des Baufeld H der Europaallee stammt von E2A Architekten. Für dem Innenausbau des Kulturhauses Kosmos zeichnen Burkhard & Lüthi verantwortlich. Der Haupteingang zum Kosmos befindet sich an der noch namenlosen Piazza in Richtung Lagerstrasse/Langstrasse, an die auch das neue 25-hours-Hotel Langstrasse geht. Herzstück des neuen Kulturhauses ist das Forum, in dem sich halbmittig angeordnet eine Treppe mit Sitzstufen befindet. Als geistig und physisch offener Ort gedacht, werden hier Lesungen, gesellschaftliche Debatten, Buchpräsentationen aber auch Premierenfeiern, Workshops und Privatanlässe stattfinden. Hinter der Treppe in Richtung Lagerstrasse wird sich ein Bistro mit rund 100 Plätzen befinden, das 365 Tage im Jahr geöffnet sein soll und französische und kosmopolitische Küche anbietet. Im ersten Stock ist eine Buchhandlung mit Leseecken geplant, der Mitgründer Bruno Deckert habe mit dem Sphères die Versuchsanlage des Kosmos schon seit 17 Jahren gestartet, erklärt Martin Roth das Konzept. Bruno Decker selbst will an das Buch glauben und wird vor allem Bücher zum Thema Zeitdiagnostik im Angebot führen, Themen wie Kunst oder Architektur, «ohne die wir aufgeschmissen wären», wie er sagt.

Das Herzstück im Foyer ist die einläfige Treppe mit Sitzplätzen. Bild: jk

Zur Architektur des Kosmos: Aussen wird sie im glänzend polierten Europaallee-Einheitsbrei nicht hohe Wellen schlagen, im Innern ist jetzt noch roh, und man hofft, sie wird dereinst nicht zu perfekt sein oder auf shabby chic getrimmt werden. Am 1. September an der Eröffnung, kann das überprüft werden.


Jeden Mittwoch finden bis dahin Führungen über die Baustelle statt, für die man sich online anmelden kann.

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