Gesunde Vielfalt

Skop
19. Oktober 2023
Discokugeln markieren als besonderes Gestaltungselement den Empfangsbereich. (Foto: vic & chris)
Herr Spiess, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Schön war für mich, der ich selbst zur Zielgruppe gehöre, für die LGBTIQ-Community bauen zu dürfen. Wir haben uns intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, was ein queer space ist; gar nicht leicht zu beantworten, denn im Kern geht es genau darum, Kategorien zu sprengen. Insofern kann ich nur persönlich antworten: Für mich ist ein queer space ein Ort ohne Vorurteile.

Zentraler Warteraum im Obergeschoss (Foto: vic & chris)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Unsere Gestaltung für den Checkpoint ist ein Versuch, die Vielfalt an queeren Geschichten und Identitäten in einem Spannungsbogen anklingen zu lassen. Einerseits erinnern die zentralen Erschliessungs- und Wartebereiche an einen Club oder eine Bar. Nicht primär, weil die Community gerne feiert – das natürlich sowieso ­–, sondern weil diese Orte im queeren Bewusstsein für Aneignung, Kreativität, Unkonventionelles und Pride stehen. Ausserdem waren sie lange auch die einzigen sicheren Rückzugsorte für die freie Entfaltung. Andererseits haben wir als Kontrast die hellen Beratungs- und Medizinzimmer, die sich von anderen modernen Praxisräumen nicht unterscheiden. Denn das Bedürfnis, einfach so angenommen zu werden, wie wir sind, teilen alle Menschen.

Die Beratungs- und Medizinzimmer befinden sich hinter irisierenden Glas- und Spiegelwänden. (Foto: vic & chris)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Es handelt sich um ein Ausbauprojekt ab «Core and Shell» auf rund 900 Quadratmetern. Innerhalb eines Jahres musste vom Entwurf über das Bewilligungsverfahren bis zur Fertigstellung alles recht zügig abgewickelt werden. Neben dem Termindruck war auch der Kostenrahmen eng gesteckt. Insofern waren ein klares Konzept, einfache Details und eine direkte Materialisierung gefordert. 

Gesundheitscheck; die hellen Behandlungszimmer unterscheiden sich nicht von anderen modernen Praxisräumen. (Foto: vic & chris)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Das Projekt wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Leiter des Checkpoints, Bastian Baumann, entwickelt. Zusätzlich gab es einen Workshop mit dem ganzen Checkpoint-Team. Dabei ging es um optimale Betriebsabläufe, aber auch darum, eine gute Balance zwischen selbstbewusstem Auftritt und dem Schutz der Privatsphäre der Klientel zu finden.

Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?


Auf keinen Fall wollten wir eine klinische Praxisatmosphäre kreieren. Unsere ersten Entwürfe kamen deshalb sehr wohnlich daher, unter anderem mit Parkettbelägen ­– was der Auftraggeberin zu brav schien. Sie sprach sich stets für eine mutige gestalterische Haltung aus. Diesen Ball nahmen wir gerne auf.

Treppenpodest als Sitzgelegenheit (Foto: vic & chris)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Teure Materialien konnten wir uns nicht leisten. Regenbogenfarben zu verwenden, war uns zu plump. Viel mehr interessierte uns der Aspekt der Mehrdeutigkeit, des Fluiden – auch in Bezug darauf, dass queere Biografien oft changieren. Für Farbe sorgen nun irisierende Folien auf den Glasoberflächen, die je nach Betrachtungswinkel den Farbton ändern.

Grundriss Erdgeschoss (© Skop)
Grundriss Obergeschoss (© Skop)
Axonometrie (© Skop)
Bauwerk
Checkpoint Zürich
 
Standort
Limmatstrasse 25, 8005 Zürich
 
Nutzung
Gesundheitszentrum für queere Menschen
 
Auftragsart
Direktauftrag
 
Bauherrschaft
Verein Arud und Sexuelle Gesundheit Zürich (SeGZ)
 
Architektur
Skop – Architektur & Städtebau, Zürich
Basil Spiess (Projektleiter), Silvia Weibel Hendriksen, Martin Zimmerli, Nicholas Frei und Julian Rickenbacher
 
Fachplaner 
Bauingenieur: Schärli+Oettli, Zürich
HLKS: SWT-Gebäudetechnik, Frauenfeld
Elektroplanung und GA:  Thomas Lüem Partner, Dietikon
Bauphysik: EK Energiekonzepte, Zürich
 
Fertigstellung
2023
 
Gesamtkosten BKP 1–9 
CHF 2.05 Mio.
 
Gebäudekosten BKP 2
CHF 1.85 Mio.
 
Energiestandard
DGNB Silber
 
Massgeblich beteiligte Unternehmer 
Baumeister: Suter Zotti, Zürich
Elektriker: Elektro M+C Zürich
Heizung: Elsener-Klima, Adliswil
Lüftung: Ryf-Haustech, Zürich
Sanitär: Bouygues, Zürich
Einbauküchen: Alpnach Küchen, Strengelbach
Gipserarbeiten: AB Bauten, Dübendorf
Metallbau: Sprich, Baar
Glastrennwände: Keller Systeme, Pfungen
Bodenbeläge: Kurt Wohndesign, Obfelden
Spiegel: Glas Müller, Schlieren
Malerarbeiten: Lee Painter, Eglisau
Klebefolien: Christinger, Brugg
 
Fotos
vic & chris

Vorgestelltes Projekt

HÜBSCHERGESTALTET

Neubau Haus E Spital Interlaken, Unterseen

Andere Artikel in dieser Kategorie