af-z Reihe: bhend.klammer architekten

J. Christoph Bürkle
15. 6月 2011
Alters- und Pflegeheim Santa Rita, Ried-Brigi (Bild: Lucas Peters) 

Aufmerksam wurde man auf Christof Bhend und Sergej Klammer durch ihren respektablen zweiten Platz für die Erweiterung des St. Galler Kunstmuseums 2002. Die Aufgabe war seinerzeit nicht einfach – das Museumsquartier in St. Gallen besteht aus einigen Einzelbauten in einem herrschaftlichen Park, und nach langwierigen Abklärungen um die Schutzwürdigkeit war man sich lange Zeit nicht einig, wie und wo ein Ergänzungsbau stehen könnte. Bhend und Klammer setzten sich mutig über alles Theoretisieren hinweg und schlugen damals einen erhöhten Solitär vor, der auf kleiner Grundfläche eine durch Vor- und Rücksprünge definierte Raumskulptur vorsah. Ohne sich auf das historische Umfeld näher einzulassen, wäre der unten schmale und nach oben auskragende Körper mit einer Fassade aus Stahlund Glasplatten selbst zu einem Kunstobjekt geworden, der nur eine minimale Grundfläche für sich selbst beansprucht hätte und damit der Forderung der Auslober eigentlich genau entsprochen hätte.


Zwar wurde die Erweiterung des St. Galler Kunstmuseums ohnehin nicht realisiert, aber die Architekten gründeten in der Folge 2003 ihr gemeinsames Büro in Zürich. Im selben Jahr gewannen sie den Wettbewerb für das Alters- und Pflegeheim Santa Rita in Ried-Brig. Oberhalb von Brig am Hang gelegen, entwickelten sie ein Ensemble aus fünf Gebäuden, die jeweils den Funktionen Kapelle, Essen, Wohnen und Gemeinschaft zugeordnet sind. Mit den lang gestreckten, leicht rautenförmigen Volumina ist das Gemeinsame des Ensembles auch baulich erkennbar; mit einer mittleren Erschliessungsgasse als Raum der Begegnung ist beinahe eine Dorfgasse entstanden. Damit haben die Architekten eine sinnfällige Form für ein Altersheim gefunden und zugleich einen Bezug zur Dorfstruktur hergestellt, die einer Streusiedlung gleicht und keine gefassten Strassenränder aufweist. Gleichzeitig bieten die versetzten Bauten abwechslungsreiche Durchblicke und umfassende Aussicht auf die alpine Landschaft. Mit den einfachen, kubischen Formen und den schlichten Lärchenholzfassaden wird dieser Ansatz noch unterstrichen, die Architektur nimmt sich zurück und überlässt die Inszenierung der umgebenden Landschaft. Dieses Moment setzt sich im Inneren mit klaren und überschaubaren Raumstrukturen fort. Hier sind die Fenster zumeist geschosshoch und lassen daher viel Licht hinein, was für das Wohnen im Alter wichtig ist. Zugleich holen sie die Umgebung herein und lassen den Eindruck eines geschlossenen Heimes erst gar nicht aufkommen. Bewusst gesetzt ist auch die auffallende Farbigkeit in der ganzen Anlage.

 

Die Töne dienen als Orientierungshilfe und definieren die unterschiedlichen Räume, sodass sich auch demente Menschen zurechtfinden können.


Das begleitete Wohnen im Alter ist schon seit einiger Zeit eine wichtige Baugattung geworden. Viele Gemeinden haben grossen Nachholbedarf, und auch die immer älter werdende Gesellschaft trägt dazu bei, dass Altersheime gerade für jüngere Architekten zu einem wichtigen Bestandteil ihres Auftragsvolumens geworden ist. Der Nachteil kann dann darin bestehen, dass die erfolgreiche Realisierung zu immer weiteren Aufträgen führt und das Büro schnell auf eine Baugattung festgelegt wird. Das ist bei Bhend und Klammer zwar noch nicht der Fall, aber dennoch werden sie vermehrt zu Altersheim-Wettbewerben eingeladen. Zurzeit arbeiten Sie auch zusammen mit Dominik Gysler am Alterszentrum Bündner Herrschaft in Maienfeld. Hier liegt der Neubau mit 54 Pflegezimmern und vier Alterswohnungen im Zentrum in der Nähe der Altstadt von Maienfeld. Das Konzept eines mittleren Raumes der Gemeinschaft wurde vom Altersheim Santa Rita weiterentwickelt, nur ist es hier ein Innenraum, und die Raumcluster liegen kompakter zueinander, sodass ein wirklicher Zentralraum entstanden ist. Dadurch ergibt sich ein räumlicher sowie kommunikativer Bezug von den Gängen und Räumen der umliegenden Aufenthalts- und Wohnräume sowohl in horizontaler als auch in verikaler Ebene durch die gesamten Geschosse. Augrund der konzentrischen Anordnung können die Gänge an mehreren Stellen zu Aufenthaltsbereichen und Rückzugsnischen erweitert werden, und es entstehen sowohl Ausblicke zum umgebenden Park als auch die erwähnten Einblicke in die Halle. Auch in diesem Projekt zeigt sich die durchdachte Strategie, den Charakter eines Heimes zu vermeiden und den Nutzern in ihrer letzten Lebensphase differenzierte und durchdachte Lebensmöglichkeiten anzubieten – bei gleichzeitig effizienter Betreuung. Mit dem feinkörnigen, ausgewaschenen Putz – bei welchem ein Verfahren aus den Fünfzigerjahren wiederaktiviert wurde –, den Mineralfarben, mit Holzfenstern und Parkettböden in naturbelassener Eiche wird die Wohnlichkeit betont und somit der «Spitalcharakter nicht nur durch den räumlichen Reichtum sondern auch mit einer bewussten Materialwahl vermieden», wie die Architekten betonen.

Werk- und Wohnhaus zur Weid, Mettmenstetten, zusammen mit Ramser Schmid (Bild: Lucas Peters)

2009 realisierten Bhend und Klammer zusammen mit Ramser Schmid Architekten in der Anlage Werk- und Wohnhaus zur Weid in Mettmenstetten einen Neubau, der Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten für sozial benachteiligte Menschen bietet. Er umfasst dreissig neue Wohnplätze und bildet nun als westlicher Abschluss der Gesamtanlage dessen dreigeschossigen Kopfbau. Der schlichte Flachdachbau setzt eine klare Zäsur und schafft einen selbstbewussten Wohnort – ein nicht zu unterschätzendes Moment für die Bewohner. Mit differenzierten Gemeinschaftsräumen, angemessenen Einzelzimmern und mehreren platzartigen Aussenbereichen zum Verweilen erhalten sie Lebensräume, die den normalen Alltag erleichtern und nicht zuletzt auch eine Wiedereingliederung in ein selbstständiges Leben ermöglichen. Auf den besonderen Charakter des Hauses verweisen die Vordächer aus Beton, die nicht nur die Eingänge markieren, sondern auch gedeckte Aussenräume vor der Cafeteria, dem Mehrzweckraum und den Freizeiträumen generieren. Die Aussenwände sind mit einem mit Hanffasern armierten Kalk verputzt – eine Technik aus dem 19. Jahrhundert, die Christof Bhend und Sergej Klammer nach einem aufwendigen Forschungsprozess reaktiviert haben. Damit fügt sich der Neubau den ländlichen Umgebungsbauten sinnfällig an und zeigt zugleich, dass die Architekten von integrativen Prozessen bei Bauten für die Gemeinschaft in baulicher wie in inhaltlicher Hinsicht eine Menge verstehen.

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