Der Stadionbauer

Jenny Keller
24. November 2011
gefragt

Was würden Sie gerne als nächstes Bauen?
Da gibt es verschiedene Dinge, ein Hochhaus wäre wieder spannend oder auch ein interessanter Bau im Dienstleistungsbereich. Bloss kein Einfamilienhaus! Meine bevorzugten Projekte müssen nicht gross, aber interessant sein, so dass man gefordert ist und die Hirnzellen gebraucht werden.

Die Swissporarena vor dem Pilatus. (Bilder: Claudio Zanella)

Was ist denn ein interessantes Projekt für Sie?
Etwas, das ich noch nicht gemacht habe, ein Atomkraftwerk zum Beispiel oder ein Staudamm. Einfach etwas, das ich nicht schon kenne. Einkaufszentren, Spitäler und Hochhäuser habe ich schon gebaut. Jetzt kam ein Stadion dazu. Grundsätzlich muss das Projekt für mich auch von der Logistik her interessant sein.

Das aktuelle Projekt, das sie betreuen, ist die Swissporarena in Luzern. Kann man ein Stadion nur mit einem Generalunternehmer bauen?
Nein, das ist nicht so. Aber mit einem Generalunternehmer hat man als Bauherr eine Kostensicherheit, denn es gibt noch nicht viele in der Schweiz, die ein Stadion gebaut haben. Der GU bringt eine Sicherheit in Bezug auf Kosten, Termine und Qualität. Wir arbeiten aufgrund eines Baubeschriebs, der uns als Preisbasis dient. Zusätzliche Wünsche oder Ergänzungen müssen extra bezahlt werden.  

Man muss beachten, dass es enorme Qualitätsunterschiede gibt bei einem Stadion. Zum Beispiel muss man beim Erstellen wissen, ob es Uefa-tauglich sein sollte und welche Kriterien massgebend sind. Daraus entstehen Kosten, die berechnet werden müssen. Und da ist der GU die beste Wahl, weil er dem Bauherrn ein Gesamtangebot unterbreitet.

Wir konnten das Stadion termingerecht übergeben, und das Feedback zeigt, dass wir ein gutes Stadion gebaut haben. Wir sind mehr als zufrieden mit der Realisierung. Das liegt natürlich auch an allen Handwerkern, die uns geholfen haben, das Stadion zu realisieren.

Ein neues Stadion erfreut Fans und beflügelt die Spieler.

Wie verlief die Zusammenarbeit mit den Architekten Marques und Bühler, die für den Entwurf verantwortlich sind?
Ich finde den architektonischen Entwurf sehr gut. Man sollte aber unterscheiden zwischen Ausführungs- und Projektphase. Obwohl die Architekturleistungen sehr gut gewesen sind, bedurfte es einiger Änderungen, vor allem in der Ausführungsplanung. Dass die Wünsche des Architekten von einem GU nicht immer berücksichtigt werden können, ist eine Tatsache; Der Architekt hätte lieber einen goldenen Wasserhahn, ich bevorzuge den normal verchromten. Da gab es Reibungspunkte.

Diskussionen hatten wir aber auch wegen der termingerechten Abgabe gewisser Pläne. Wenn man unter Zeitdruck steht, müssen Architekten und Ingenieure eine termingerechte Lieferung gewährleisten, und es darf nicht passieren, dass man vom Ausführungsstand immer wieder in die Projektierungsphase zurückfällt. Das ist in diesem speziellen Fall passiert, und da entstand die eine oder andere Schwierigkeit.

Ich bin der Meinung, dass nicht jeder gute Entwurfsarchitekt auch ein guter Ausführungsarchitekt ist. Ausserdem müssen die Angestellten eines Büros über Erfahrung verfügen. Man kann nicht Studenten frisch ab der Hochschule für ein solches Projekt engagieren. 

Einer der beiden Hochzwei Wohnhochhäuser im Bau.

Die Swissporarena ist durch ein Public Private Partnership-Modell finanziert worden. Weshalb wurde dieses Modell gewählt?
Das PPP-Modell hat verschiedene Vorteile. In erster Linie geht es um die Finanzierung des Projekts. Mit verschiedenen Geldgebern resultieren verschiedene Abhängigkeiten: Die Stadt hat das Land zu Verfügung gestellt, auf dem die CS ein Hochhaus und ein Sportgebäude erstellt hat. Der Zins, den die CS für das Land im Baurecht auf 99 Jahre hinaus entrichtet, wird eingesetzt, um das Stadion zu bauen. Der Kanton hat ebenfalls Gelder gesprochen, so entstand kein Klumpenrisiko.

Statt einer Mantelnützung wie in anderen Stadionprojekten hat man sich in Luzern für den Bau von zwei Wohntürmen entschieden, die im Herbst 2012 bezugsbereit sein werden. Ein Gros der Wohnungen ist schon vermietet, was zeigt, dass es sich hier um ein erfolgreiches Modell handelt. Wie kam man darauf?
Das war eine Idee der Immobilienentwicklung bei uns im Haus. Das Projekt ist einzigartig in Luzern, und die Wohnhochhäuser bringen ein Volumen an Mieten zusammen, das sonst ein ganzes Quartier erbringt. Dadurch, dass man einen Investor gefunden hat wie die CS, konnte das Projekt auch überhaupt finanziert werden.

Es gibt aber eine gewisse Mantelnutzung: Zum Beispiel das Hallenbad, das von der Stadt Luzern finanziert wird oder die Turnhalle, die der Kanton ins Sportgebäude integriert hat. Das sind verschiedene Mantelnutzungen, mit denen die Grundkosten gedeckt werden. Die Migros wird mit einem Wellnessbereich auch noch einen Grossteil der Mieten decken.

Stillleben mit Zange.

Der FC Luzern steht momentan mit drei Punkten Abstand hinter dem Leader FC Basel. Ein neues Stadion scheint die Fussballer zu beflügeln. Können Sie das erklären?
Da bin ich nicht gleicher Meinung, denn vor einem Jahr sah es genau gleich aus. Der FC Luzern hat in Gersau gespielt, nicht im eigenen Stadion also, und ist ebenfalls Wintermeister geworden. Dieses Jahr sind sie auf dem guten Weg dazu, wenn Basel nicht in die Quere kommt. Sicher beflügelt ein neues Stadion die Spieler, aber schlussendlich müssen sie einfach gut Fussball spielen. Die Leistung hängt schliesslich von den Spielern und vom Trainer ab und nicht von der Umgebung. Es gibt jetzt natürlich die neusten Infrastrukturen im Stadion, aber Fussball spielen muss die Mannschaft immer noch selbst.

Ihre Prognose: Wer wird Fussballmeister 2012?
Luzern oder Basel. Aber gehen wir doch mal von Luzern aus.

Informationen zum Interview-Partner

Claudio Zanella wurde im Februar 2009 für die Gesamtprojektleitung des Projekts «Allmend» (das Projekt beinhaltet das Fussballstadion Swissporarena, zwei Wohntürme, eine Sportanlage mit Hallenbad, Turnhalle, Büro, Wellness Fitness und Restaurant) in Luzern von Halter-Generalunternehmungen angestellt. Er arbeitet in Zürich, oder vor Ort auf der Baustelle. 

Claudio Zanella führt ein Team von 12 Personen und koordiniert die Baustellen. Dazu ist er der Ansprechpartner für die Bauherrschaft. Er hat Zeichner und Maurer gelernt und sich am Abendtechnikum St. Gallen zum Architekten ausbilden lassen. Er hat sich auf die Ausführung spezialisiert und betreut seit rund 15 Jahren nur noch Grossprojekte. Darunter das Einkaufszentrum Sihlcity, den Prime Tower oder den Umbau des Hotels Palace in St. Moritz. 

Ein gewöhnlicher Arbeitstag beginnt für Claudio Zanella früh und endet spät: Nach fünf Uhr morgens verlässt er sein Daheim in Zuzwil St. Gallen, um nicht vor sieben, acht Uhr wieder nach Hause zu kehren. Einen Ausgleich findet er beim Spazieren oder im Theater.

Die Firma Halter Unternehmungen hat drei Standorte: Zürich, Bern und Luzern. Die Firma teilt sich in drei Bereiche auf, Immobilienentwicklung, Generalunternehmung und Immobilienbewirtschaftung.

Halter Unternehmungen
Swissporarena
Hochzwei Luzern
Daniele Marques

Vorgestelltes Projekt

TK Architekten

Revitalisierung Shopping Center «Serfontana»

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