Die Neuen am gta

Jenny Keller
13. März 2014
Im Untergrund der ETH Hönggerberg. Alle Fotos aus der Ausstellung «The Walk» © Jakob Fink, Yael Liebetrau, Stephanie Mitchell, Ramona Orsingher, Vanessa Schmitz

Sie sind schnell unterwegs. Noch während man diesen Beitrag verfasst, erreicht die Redaktion bereits eine neue Meldung der umtriebigen neuen Leitung der Ausstellungen am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (gta) an der ETH Hönggerberg: Hans Ulrich Obrist, der Kurator des Schweizer Pavillons an der diesjährigen Architekturbiennale, arbeitet mit Herzog & de Meuron und gta-Ausstellungen zusammen. Fischli/Olsen, die neuen Direktoren des gta, werden das Vermittlungsprogramm des Schweizer Pavillons in die Hand nehmen. Und zwar sollen die Architekturstudierenden der ETH bis im Juni als Vermittler von Lucius Burckhardts1 Schaffen ausgebildet werden, um später im Schweizer Pavillon ihr Wissen mit den Besuchern austauschen zu können.

«The Walk» führt an viel Haustechnik vorbei.

Aber auch das Plakat der gta Ausstellungen – es zierte wohl fast jede auch sonst so schmucklose Architekturbürowand und ist Sinnbild der Vermittlungsinstitution auf dem Hönggerberg unter Philippe Carrard  – hat ein zackigeres Aussehen gekriegt. Die Schrift ist dieselbe, diejenige des gta Logos nämlich, doch Fredi Fischli und Niels Olsen haben sie ein wenig kursiver gestellt, sie noch ein bisschen «schneller» gemacht, erklärt Fischli lachend. Aber eigentlich sei es das Gleiche, der gta-Kalender, einfach in einem neuen Gewand.

Was sich ändern wird am gta nach 27 Jahren unter der Leitung von Philippe Carrard, erzählt Fredi Fischli gerne, und es scheint, als ob er diese Frage nicht zum ersten Mal gestellt kriegt: Sie seien etwas (!) jünger (er hat Jahrgang 1986, Niels Olsen ist 1989 geboren), hätten einen anderen Hintergrund, denn sie kommen aus der Kunstgeschichte und nicht aus der Architektur wie ihr Vorgänger. Ein wichtiger Fixpunkt im Werdegang der beiden Ausstellungsmacher, die schon im Studium als Team Ausstellungen konzipiert haben, muss der Unterricht bei Philip Ursprung gewesen sein. Es scheint, er habe als Mentor die beiden Neulinge unter seinen Fittichen, und auch die erste Ausstellung «The Walk»2 ist ein Gemeinschaftswerk.

Inszeniert oder real? Hinter dem Gitter finden sich surreale Überraschungen.

Ausstellung als Dialog
Ausstellungen zu konzipieren, haben sie schon früh als Teil ihres Studiums verstanden, erklärt Fischli. Sie haben das Medium der Ausstellung als Suchende oder Lernende einer Sache, die man vielleicht noch nicht ganz versteht, benutzt. Für jemanden, der nichts mehr an einer Hochschule zu tun hat, wirkt eine solche Aussage und der Beschrieb der Tätigkeit während Studentenzeiten äusserst reflektiert und etwas akademisch, und man kann plötzlich verstehen, dass die beiden jungen Kuratoren mit ihrem Ausdruck, und natürlich ihrem Hintergrund, das Gremium der Experten am gta zu beeindrucken wussten. Beachtenswert ist, dass sie sich gegen mehr als 100 Konkurrenten durchsetzen konnten.

Das Studierzimmer mit dem Atelier zu verbinden, das war der Sinn ihres Ausstellungsraumes «Studiolo», den Fischli/Olsen während des Studiums gegründet haben. Schon damals suchte man die Nähe zur Hochschule, und nun mache es Sinn, diese Arbeit hier an der ETH weiterzuführen. «Studiolo» ist Geschichte seit der Anstellung an der ETH, der Ausstellungsraum wurde aufgelöst. Nicht aber das Konzept dahinter: partizipative Ausstellungen. Die Idee von Fischli/Olsen sei es, den Charakter der gta-Ausstellungen, als doch sehr einzigartige Institution im Zentrum der Hochschule, gleichsam zu schärfen. Dies, indem man vermehrt mit den einzelnen Professuren und Instituten zusammenarbeitet und nicht wie bisher die Arbeiten eines Schweizer Architekten monografisch abbilde. Der Fokus soll vermehrt auf den Diskurs (schon wieder so ein Wort aus dem Fundus der Hochschul-Semantik) gelegt werden. Bei der ersten Ausstellung hat man nun mit Philip Ursprung zusammengearbeitet, aber auch alle weiteren Ausstellungen werden immer an eine Professur gekoppelt sein.

Wer hier wohl Pingpong spielt?

Ausstellungen für Insider?
Als Debüt wurde nun bewusst eine Ausstellung gewählt, die ganz anders funktioniert als das bisher Gesehene am gta, erklärt Fischli: Die Ausstellung befindet sich im Untergrund der Institution ETH Hönggerberg und stellt die Studenten und die Vermittlung programmatisch in den Vordergrund. Es sei die Idee der aktuellen Ausstellung, dass mit dem Format dieser Diskurs, der sonst im Innern stattfindet, gegen Aussen sichtbar wird. Damit der Besucher sich anhand des Konzepts der ersten Ausstellung ein Bild von Fischli/Olsens zukünftigem Schaffen machen kann. Das klingt ziemlich didaktisch in der Theorie, ist in der Realität aber eigentlich ganz leicht zugänglich. Der Zugang zur Ausstellung sei in der Tat sehr niederschwellig, findet auch Nielsen, denn zum Beispiel auch Kinder können auf den Spaziergang im Untergrund kommen und etwas davon mitnehmen.

Wer die Ausstellung besuchen will, kann sich per E-Mailbei den Kuratoren anmelden, die die Führung höchstpersönlich machen werden, um die Personen, mit denen sie in Zukunft zu tun haben werden, gleich selbst kennenzulernen.

Parallelwelt Hönggerberg
Was man bemerkt, wenn man lange nicht mehr am Hönggerberg war, ist, dass sich hier oben eine Parallelwelt befindet, die «als Science City» bald absurd grosse Ausmasse annehmen wird. Es wird gebaut wie noch nie, und es scheint, kein Stein bleibe auf dem nächsten. Wie muss das für die Neuankömmlinge Fredi Fischli und Niels Olsen sein, an diesem Ort zu arbeiten? Es sei unglaublich, wen man hier alles treffen könne, meint Fredi Fischli. Sie hätten einen sehr dankbaren Job, alle Türen zu jedem Institut stünden ihnen offen, und es sei sehr spannend, an diesem spezifischen Ort Ausstellungen zu machen. Studenten und Professoren passierten den Ausstellungsort täglich, was zwangsläufig zu Reaktionen führe. Sie freuten sich aber auch, am ETH Zentrum auszustellen, denn dort erreiche man neben einer erweiterten Studentenschaft auch die ganze Stadt.

Und fürs Protokoll: Sie seien zwar erst gerade angekommen, haben aber vor, lange Zeit hier zu bleiben. Zwei drei Jahre reichten nicht, um etwas Neues aufbauen zu können, und das sei schliesslich ihr Ziel. Eigentlich wollen sie die 27 Jahre von Philippe Carrard sogar übertreffen, sagt der 27-jährige Fredi Fischli schmunzelnd. Se non è vero, è ben trovato.

Niels Ohlsen und Fredi Fischli. Bild: Conradin Frei
The Walk. Naples – Karlsruhe – Zurich
bis Freitag den 11. April 2014
Mo bis Fr 9 bis 22 Uhr, Sa/So und Feiertage geschlossen
Ort: gta Ausstellungen, HIL, Hönggerberg, ETH Zürich

Besuch der Ausstellung ausschliesslich mit persönlicher Führung. Anmeldung unter [email protected]
Anmerkungen
1) Der Soziologe Burckhardt begründete die partizipatorische Lehrveranstaltung «Lehrcanapé» Anfang der 1970er Jahre am ETH Departement Architektur. Burckhardt musste seinen Lehrstuhl mit einem Architekten teilen, weil er selbst nicht Architekt war, aus dem Lehrstuhl wurde ein Canapé, worauf man zu zweit sitzen kann. Philip Ursprung greift das Lehrcanapé auf in einer einstündigen experimentellen Lehrveranstaltung der Professur für Kunst- und Architekturgeschichte, die während zwei Semestern im Bachelor-Studium (5./6. Semester) für alle Studierenden am Departement Architektur der ETH Zürich obligatorisch ist.

2) Die Ausstellung basiert auf einer Exkursion, die Studenten der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe und der ETH Zürich im Oktober 2012 unternommen haben. Zu Fuss und mit der Fotokamera wurde die Gegend zwischen Pompeji und Neapel erkundet. Diese Bilder sind entlang des «Walks» ausgestellt.

3) Italienisches Sprichwort mit der Bedeutung «Wenn es nicht wahr ist, ist es doch gut erfunden.»
 

Verwandte Artikel

Vorgestelltes Projekt

TK Architekten

Revitalisierung Shopping Center «Serfontana»

Andere Artikel in dieser Kategorie